„Die Mentalität hat mich sehr beeindruckt“
Eine historische FAC-Saison neigt sich am kommenden Wochenende dem Ende zu. Der Floridsdorfer Athletiksport-Club war bis eine Runde vor Schluss im Aufstiegsrennen dabei und kann sich letztendlich über den verdienten Vizemeistertitel freuen. Im Interview schildert Kapitän Mirnes Becirovic, was alles ausschlaggebend für diese außergewöhnlichen Leistungen der Mannschaft gewesen ist.
Mirnes, Du bist bereits seit 2016 beim FAC und seit 2018 Kapitän unserer Mannschaft. Was war in dieser Saison anders als in den Spielzeiten zuvor?
Mirnes Becirovic: „Ich glaube, das ist leicht erklärt. Wir hatten ein gewisses Teamgefüge und das Ziel, als Mannschaft etwas erreichen zu wollen. Man hat immer eine gewisse Energie auf dem Platz gespürt, egal wer gespielt hat. Das hat einfach den Unterschied ausgemacht. Andere Mannschaften aus der Liga haben ein deutlich höheres Budget und namhaftere Spieler als wir. Das haben wir im Miteinander sehr gut kompensieren können. Es herrscht eine sehr coole Stimmung in der Kabine und wir haben die ganze Saison, unabhängig von den Spielergebnissen, sehr zusammengehalten, was ausschlaggebend war.“
Wie ist es für Dich gewesen, die äußerst gute FAC-Mannschaft als Kapitän anzuführen?
„Relativ einfach. Wir haben – auch charakterlich – sehr gute Typen in der Mannschaft, die echt Gas geben. Bei uns ist auch niemand allzu sehr wütend, wenn er mal nicht spielt und genau diese Atmosphäre spiegelt sich in der Teamchemie wider. Natürlich bin ich mir zwar meiner Rolle als mahnender und älterer Spieler in der Mannschaft bewusst, aber die Mannschaft hat es mir in dieser Saison sehr einfach gemacht, da alle schon von sich aus nicht locker gelassen haben. Hier und da musste ich aber auch mal laut werden (lacht). Es ist klar, dass es immer mal wieder Unkonzentriertheiten oder Schlendrian-Phasen gibt. Als Beispiel fällt mir ein, dass ich montags, wenn alle aus dem Wochenende gekommen sind und mental vielleicht noch nicht ganz anwesend waren, auch mal lauter werden musste. Ich will nämlich auch schon am Montag Gas geben.“
Ein Geheimrezept in dieser Spielzeit war sicherlich die gute Defensivarbeit. Wir haben in dieser Saison bisher lediglich 17 Gegentore bekommen, was rekordverdächtig ist. Wie kommen diese tollen Abwehrleistungen unserer Mannschaft zustande?
„Es handelt sich um eine absolute Mannschaftsleistung. Vom ersten Verteidiger weg – und das ist der Stürmer – arbeitet die ganze Mannschaft unaufhörlich und äußerst kämpferisch in der Defensive. Unsere ersten zwei Abwehrlinien sind nicht einfach zu überspielen und wenn das einem Gegner doch gelingt, sind die Verteidiger da, die bei uns sehr zweikampfstark und robust sind. Natürlich haben wir dann auch noch einen super Tormann, der auch seinen Teil dazu beiträgt. Diese wenigen Gegentore und vielen Zu-Null-Spiele dürfen auf keinen Fall nur auf die Abwehr zurückgeführt werden. Es handelt sich um ein Gesamtkonstrukt, in dem jeder bissig und willig ist, kein Gegentor zu bekommen.“
Für Dich persönlich war es auch eine durchaus außergewöhnliche Saison. Neben dem Vizemeistertitel hast Du in dieser Saison auch Dein erstes Tor für den FAC erzielt und hast die Top-Ten der Spieler mit den meisten Zweitliga-Einsätzen erreicht.
„Stimmt (lacht). Es war ein schönes Gefühl mal wieder zu treffen, auch wenn es eine Niederlage war. Früher war ich viel torgefährlicher, da ich andere Positionen gespielt habe, aber da ich nun in der Verteidigung spiele, ist es natürlich eher unwahrscheinlicher geworden, zu treffen. Nichtsdestotrotz könnte meine Torquote beim FAC durchaus höher sein. Auf meine Top-10-Platzierung bei den meisten Einsätzen in der 2. Liga bin ich durchaus stolz. Es ist nicht selbstverständlich, dass man immer konstant performt und der Körper das alles mitmacht. Hoffentlich kann ich das noch ausbauen und vielleicht sogar in den Top-5 landen.“
Hatte die Mannschaft besondere Rituale in dieser Saison?
„Es gab einige Rituale. In dieser Saison war es so, dass egal, wie das Spiel ausgegangen ist, wir nach dem Spiel immer einen Kreis geformt und uns direkt gepusht haben. Generell haben wir heuer sehr viel zusammen unternommen. Ein fixer Termin war zum Beispiel das gemeinsame Frühstück jeden Dienstag. Auch die Geburtstage wurden rituell zelebriert und typischerweise gab es, so wie bei anderen Mannschaften, auch bei uns Mannschaftseinstände. Das sind alles Sachen, die sich sehr gut auf das Teamgefüge auswirken.“
Was sind die persönlichen Highlights, die Dir in Erinnerung bleiben werden?
„Sportlich gesehen gab es viele Highlights und jeder Sieg wird mir in Erinnerung bleiben. Vor allem diese Siegesmentalität sowie die Gier auf Erfolg, die wir heuer hatten, hat mich sehr beeindruckt und wird mir in Erinnerung bleiben. Wir hatten einen unglaublichen Willen unser Tor zu verteidigen, was sich ja letztendlich auch in den vielen Zu-Null-Spielen widerspiegelt. Daneben haben wir eine recht coole Kabine. Da kommen in einem Jahr viele Highlights zusammen (lacht). Die Busfahrt nach dem Auswärtssieg in Lustenau war auf jeden Fall ein Highlight. Daneben gab es auch einige sehr lustige Einstände und auch die Geburtstagsfeiern werden in Erinnerung bleiben. Da gibt es das Ritual, dass der geburtstags-feiernde Spieler durch den Tunnel rennen muss, wo er dann ein paar, natürlich leichte, Wiener Genickwatschen zur Feier des Tages bekommen hat (lacht). Die Mannschaft war heuer „multi-kulti“ und äußerst lustig, sodass man jeden Tag lachend gekommen und wieder gegangen ist.“
Zu guter Letzt, wir feiern am Sonntag gegen den FC Juniors OÖ unseren Vizemeistertitel zuhause vor unseren Fans. Was erwartest Du Dir vom letzten Spiel der Saison?
„Wir haben schon in der Kabine darüber geredet, dass die Spannung jetzt natürlich weg ist, aber wir nichtsdestotrotz unbedingt gewinnen wollen, um einen super Saisonabschluss zu haben. Als Fußballer möchtest du nach jeder Niederlage gleich wieder zeigen, dass diese nur eine Ausnahme war, die nicht wieder passieren wird. Wir wollen am Sonntag an alle, auch an die Fans, noch einmal DANKE sagen und die Saison würdig abschließen. Ich kann versprechen, dass alle motiviert sind und alles geben werden, um dieses Spiel zu gewinnen. Wir wollen uns am Montag nach dem Spiel auf keinen Fall über eine Niederlage ärgern, sondern uns noch ein letztes Mal über einen Sieg freuen und diese Saison mit einem Lächeln abschließen. Der Vizemeistertitel gehört natürlich auch, bei aller Enttäuschung über den verpassten Aufstieg, gefeiert und mit einem Sieg lässt es sich schöner feiern als mit einer Niederlage.“
Das Interview führte Matthias Gagula